Erzieherin liest Kindern in der KiTa vor.

Insgesamt besuchen 70.000 Kinder in Bayern einen evangelischen Kindergarten.

Bild: Caiaimage/Robert Daly

Die Gemeindekindertagesstätte

„…und dann ist St. Martin vorbeigeritten“

Einen behutsamen Umgang miteinander und einen spielerischen Zugang zum Glauben erfahren Kinder in den mehr als 1.200 evangelischen Kitas in Bayern. So auch in Eichenau.

Hier liegt das Kinderhaus direkt bei der Kirche. Wenn der dritte Gongschlag erklingt, dann müssen alle 18 Hasen im Morgenkreis sitzen. Erzieherin Gudrun Preinesberger tauscht Gong gegen Gitarre, und schon wird munter zum Guten-Morgen-Lied getanzt. Im evangelischen Kinderhaus der Friedenskirche in Eichenau (Landkreis Fürstenfeldbruck) beginnt der Tag mit den Morgenkreisen in den einzelnen Gruppen: Es wird gesungen, getanzt, eine Geschichte erzählt – aber auch einfach über Erlebnisse vom Vortag gesprochen oder gemeinsam überlegt, wer heute aus der Gruppe fehlt und warum. In der Hasengruppe wird heute ein Gleichnis Jesu erzählt – die Kinder lauschen mit gespitzten Ohren und recken gespannt die Hälse, als Gudrun Preinesberger die dazugehörigen Bilder herumzeigt. „Ich habe einen Traumjob“, sagt Gudrun Preinesberger, die seit über 30 Jahren im Kinderhaus der Friedenskirche arbeitet. „Ich gebe den Kindern etwas mit, habe das Gefühl etwas Sinnvolles zu tun. Und bekomme ganz viel von den Kindern und Eltern zurück.“

Eine familiäre Atmosphäre

Das enge Zusammenspiel von Eltern, Kindern und Erziehern ist dem Kinderhaus ein besonderes Anliegen, die Atmosphäre ist familiär, der Umgang miteinander vertraut – dabei betreut hier ein Team von 14 Erzieherinnen vier Gruppen mit insgesamt 111 Kindern. „Viele der Familien kenne ich seit Jahren“, erzählt die Leiterin des Kinderhauses, Andrea Rilling. „Da waren die Geschwister schon hier, die Eltern engagieren sich im Elternbeirat oder Förderverein oder sind hier in der Gemeinde aktiv. Viele der Erzieherinnen arbeiten seit Jahren oder Jahrzehnten hier. Überhaupt sind wir hier so etwas wie eine große Familie.“ Auch Christoph Böhlau, Pfarrer der Friedenskirche, lobt das Miteinander von Eltern, Erziehern und Gemeinde. „Wir leben hier Schulter an Schulter, ganz von Anfang an“, berichtet Böhlau. Der Pfarrer besucht einmal die Woche die verschiedenen Gruppen des Kinderhauses, hält dort eine Andacht oder erzählt biblische Geschichten. Außerdem wird zu den großen Festen, zum Jahresende und zum Schulanfang Gottesdienst in der Kirche gefeiert. „So ist die Kirche für viele Kinder ganz selbstverständlich ein Teil ihres Lebensraums geworden“, erzählt Böhlau. „Viele Kinder gehen mit ihren Eltern nachmittags auch noch in der Kirche vorbei und zünden zum Beispiel eine Kerze an.“

Eine selbstverständliche Nähe

Es sind diese selbstverständliche Nähe von Kindergarten und Kirche und das spielerische Kennenlernen von Tradition und Glauben, das viele Eltern zum evangelischen Kindergarten bringt. „Ich erwarte vom Kindergarten keine christliche Erziehung, aber schon eine bestimmte Richtung“, sagt Karin, deren jüngstes von fünf Kindern gerade das Kinderhaus besucht. „Mir gefällt, dass hier nicht nur Halloween und Fasching, sondern auch die großen christlichen Feste gefeiert werden. Und dass viel Wert auf soziale Kontakte gelegt wird.“ Aber Kirchennähe ist kein Muss! Nur ein Drittel der Kinder im Kinderhaus sind evangelisch. Die besondere Atmosphäre des Kindergartens spricht auch viele Eltern an, die nicht kirchlich geprägt sind. Insgesamt besuchen 70.000 Kinder in Bayern einen evangelischen Kindergarten.

Träger der über 1200 Einrichtungen sind die Kirchengemeinden oder andere Träger unter dem Dach des Evangelischen Kitaverbandes Bayern. Evangelische Kindergärten legen besonderen Wert auf die Persönlichkeitsbildung der Kinder sowie die Entwicklung von ethischen, religiösen, sozialen und kommunikativen Kompetenzen. Die Kinder sollen Orientierung und Hilfestellung für das soziale Miteinander und die Bewältigung von Konflikten bekommen – und dabei ermutigt werden zu Offenheit und Neugier für die großen Fragen des Lebens!

Am Spätvormittag ist bei den Hasen freies Spielen angesagt: Es wird geklebt, gemalt, gebastelt. Stolz präsentieren die Kinder ihre Kunstwerke des letzten Jahres. „Das war im Herbst“, sagt Jannis (fünf) und deutet auf ein Bild mit Pferd, „da ist der St. Martin hier lang geritten. Auf einem Schimmel.“ „Ganz in echt!“ fügt Kiki (vier) nickend hinzu.

11.07.2014
Katharina Wörn